Füllfederhalter, Füllhalter und Füller
Die verwendeten Materialien
Ich sprach schon mehrmals die verwendeten Materialien an, so den Gummisack bei den frühen Füllfederhaltern oder den Dichtring aus Kork beim Kolbenfüller, die selbstverständlich nach längerem Gebrauch spröde und undicht werden und in ihrer Funktion nachlassen. Ich möchte im Folgenden kurz die wichtigsten Herstellungsmaterialein für Füllhalter vorstellen, da auch oft schon aufgrund des Materials auf das Alter eines Füllers geschlossen werden kann.
Hartgummi
Schon die ersten Füllhalter ab etwa 1890 wurden aus Hartgummi hergestellt. Hartgummi wurde bis in die 50er Jahre verwendet, hatte allerdings den Nachteil des Nachbräunens über die Jahre hinweg. Hartgummi ist auch unter den Bezeichnungen Ebonit oder Vulcanit geläufig. Gegenüber der Herstellung von normalem Gummi wird bei Hartgummi der Schwefelanteil um bis zu 30 % erhöht. Da der Schwefel mit der Zeit durch Sonnenlicht sowie bei sehr warmen Temperaturen diffundiert, also entweicht, kommt es als Folge zu dem erwähnten Nachbräunungsprozess. Der Vorteile des Hartgummis allerdings waren, einmal dass er an Drehbänken in Form geschliffen werden konnte, aber auch seine Unempfindlichkeit gegenüber chemischen Flüssigkeiten, zum Beispiel Tinten, gute Gründe, ihn zu verwenden. So werden auch heute noch Teile, die in Berührung mit Tintenflüssigkeit kommen, wie der Tintenleiter, aus diesem Material hergestellt. Hartgummi konnte in verschiedenen Farben hergestellt werden, so schwarz-rot oder auch grün-schwarz marmoriert. Auch rote Farben existierten. Nachteile von Hartgummi waren die hohen Herstellungskosten, die angesprochene Schwefelausbildung sowie seine Bruchempfindlichkeit. Hartgummi besitzt nicht mehr den typischen Gummigeruch, sondern riecht indbesondere nach Warmreiben unangenehm nach Schwefel. Den Geruch kennen die Älteren unter uns von den früher so beliebten Stinkbomben.
Galalith
Galalith wurde zuerst von Adolf Spitteler und Wilhelm Krische im Jahre 1897 entwickelt. Es handelt sich um einen Kunststoff, der auf der Basis von Casein oder auch Kasein, einem Protein der Milch, aus welchem auch Käse gewonnen wird, sowie Formaldehyd, hergestellt wurde. Da das Ergebnis eine hornartige Masse ergab, weshalb die umgangssprachliche Bezeichnung auch „Kunsthorn“ war, welches man in jegliche Form schleifen konnte, wurde es unter anderem für Schmuck oder auch Knöpfe oder Griffe von Schirmen verwendet. Die Verwendungsmöglichkeiten waren mannigfaltig. Kasein wurde bei Füllern von etwa 1925 bis Anfang der 40er Jahre verwendet. Es handelte sich hierbei in der Regel um Füller der unteren Preissegmente. Danach gab man in der industriellen Fertigung den Einsatz von Galalith auf. Das Casein im Galalith hatte die unangenehme Eigenart, im Wasser aufzuquellen. Aus diesem Grunde ist große Vorsicht geboten, alte Füllfederhalter nach Erwerb zunächst im Wasserbad zu säubern! Das das Material aus diesem Grunde nicht mit Tinte in Berührung kommen durfte, wurde es bei Kolbenfüllern nicht verwendet. Daraus folgt, dass Galalith ausschließlich bei Hebelfüllern oder Druckknopffüllern in Anwendung kam. Gegenüber Zelluloid hatte Galalith allerdings den Vorteil, immun gegen Feuer zu sein. Galalith konnte farblich gemischt werden; es existieren rote, gelbe, aber auch blaue Farbtöne. Diese wirken dann jedoch etwas milchig. Auch Marmorierungen kommen bei diesem Material vor.
Zelluloid
Die Entwicklung von Zelluloid setzt bereits Mitte des 19. Jahrhunderts ein. Wir sind hierüber bereits ausführlich bei der Beschreibung der Puppen der Fa. Schildkröt eingegangen. Zelluloid wurde in etwa zeitgleich mit Galalith bei der Herstellung von Füllern eingesetzt. Einen genauen Anfangszeitpunkt kann ich allerdings an dieser Stelle nicht benennen. Der Höhepunkt der Zelluloid-Verwendung dürfte allerdings, ähnlich wie bei Puppen, um 1925 gewesen sein. Wir wissen zudem, dass die Füllhalter-Hersteller wie Soennecken, Pelikan oder Faber-Castell Zelluloid bis in die 60er Jahre verwendet haben, anders als zum Beispiel Montblanc, die ebenfalls wie andere Fabrikationszweige (siehe Schildkröt) bereits in den 50er Jahren auf andere Ausgangsprodukte umstellten. Die Einsatzmöglichkeiten von Zelluloid waren extrem mannigfaltig; es konnte zudem leicht mit allen möglichen Farben gefärbt werden. Darüber hinaus war Zelluloid sehr bruchsicher und immun gegenüber Säuren und Laugen. Über seine leichte Entzündbarkeit sowie seinen gefährlichen Basisstoff Schießbaumwolle haben wir bereits an anderer Stelle berichtet. Zelluloid ist transparent; die Transparenz lässt allerdings je nach Farbzumischung nach. So kann man hin und wieder bei Zelluloidfüllern aufgrund dieser Transparenz den Tintenstand im Füller erkennen. Weitere Vorteile von Celluloid waren seine Formbarkeit und Bearbeitbarkeit wie Schleifen, Sägen, Verkleben etc. Neben seiner leichten Entflammbarkeit waren die Empfindlichkeit gegenüber Alkohol und organische Lösungsmittel letztendlich entscheidende Nachteile, die letztendlich zur Aufgabe dieses Materials zwangen. Bei der Herstellung von Zelluloid-Füllhaltern wurde sehr viel versägt und durch Verkleben wieder zusammengefügt, so dass bei mehrfarbigen oder marmorierten Füllern die einzelnen Farbvarianten, so klein diese farbigen Teilstücke auch sein mögen, recht scharf voneinander abgegrenzt waren. Diese scharfe Abgrenzung der farben bildet auch eine Unterscheidungsmöglichkeit gegenüber den doch eher schlierenhaften Marmorierungen aus Hartgummi oder Galalith. Bei Warmreiben entströmt dem Zelluloid der Geruch von Kampfer, einem der Basisstoffe bei der Herstellung.
Thermoplaste
Ab den 50er Jahren gewann immer mehr die Verwendung von Thermoplasten die Oberhand. Gängig waren und sind von diesen Polystyrol und Polyvinylchlorid (PVC). Polyvinylchlorid eroberte bald viele Bereiche des täglichen Lebens, denken wir nur an Fussbodenbeläge oder die Vinylschallplatten, welche die älteren Schellackplatten in den 50er Jahren ablösten. Die Thermoplasten weitaus unempfindlicher z.B. gegenüber Feuer wie das gerade abgelöste Celluloid. Die Füller konnten relativ einfach im Spritzgussverfahren hergestellt werden. Die Farben waren allerdings überwiegend uni. Füllhalter werden bis heute aus Thermoplasten hergestellt.
Andere Materialien
Ich habe oben die gängisten Materialien behandelt. Selbstverständlich wurde auch mit anderen Materialien experimentiert, ohne dass sich diese allerdings durchsetzen konnten. Ich nenne an dieser Stelle nur einige wie Holz, Bakelit, Glas oder auch Perlit, ein glasartiges Gestein. Edelmetalle wie Gold oder Platin, auch andere Metalle, werden allenfalls für Verzierungen herangeholt. Massive Edelmetallfüller sind selten und werden, wenn, dann ganz bewusst als Sammelstücke gefertigt mit der Hoffnung auf hohe Erlöse.