Modezeitschriften
Die Modepuppen der frühen Fürstenhöfe standen Pate
Im Artikel über die Entstehung der Puppen habe ich auch die Modepuppen der frühen französischen Fürstenhöfe angesprochen. Diese waren als Vorführ- und Anziehpuppen der weiblichen Aristokratie äußerst beliebt. Es waren Pariser Manufakturen, welche den Wünschen der Damenwelt nachkam und Modepuppen aus Wachs, aber auch Porzellan produzierte. Man vermutete, dass die Modestadt Paris die ersten dieser Manufakturen bereits im 14. Jahrhundert beherbergte. Die Modepuppen gab es in allen Größen bis hin zu lebensgroßen Exemplaren. Sie waren bereits mit beweglichen Gliedern ausgestattet und nach neuestem Trend gekleidet. Diese Vorführpuppen trugen also die aktuellste Mode. Beliefert wurden Höfe und Aristokratie in ganz Europa. Das gemeine Volk konnte sich diesen Luxus natürlich nicht leisten, – zu teuer waren die Modelle. Mit den einfachen Docken des normalen Volkes waren die Anziehpuppen nicht vergleichbar. Durchaus richtig ist, wenn man die Modepuppen des Adels des 14. bis 19. Jahrhunderts als Vorläufer der späteren Schaufensterpuppen ansieht. Die Modepuppen waren so begehrt, dass ihre Verbreitung auch in Kriegszeiten nicht gestoppt werden konnte.
Die Modepuppen wurden zumeist mit anschaulichen Grafiken, häufig Kupferstichen, ausgeliefert. Die Bilder von bekannten Künstlern bildeten hierbei die Vorlagen. Es ist wenig verwunderlich, dass sich aus den grafischen Beilagen schon in kurzer Zeit die ersten Hefte, eben die Modezeitschriften oder Modezeitungen, entwickelten.
Die erste deutsche Modezeitschrift erschien 1758
Im Hohmayer’schen Buchladen zu Erfurt soll 1758 die erste Modezeitschrift erschienen sein. Ob dies wirklich so stimmt, kann nicht eindeutig belegt werden. Zu viele kleine Modezeitschriften entstanden in kürzester Zeit; viele gingen schon bald im Konkurrenzkampf unter.
Die mit bekannteste unter den deutschen Modezeitschriften des 19. Jahrhunderts war wohl „Der Bazar“. Sie existierte seit der frühen Gründerzeit ab 1855 bis hinein ins 20. Jahrhundert. Der Bazar firmierte bis 1857 unter der Bezeichnung „Der Bazar – Technische Musterzeitung“ und ab 1857 als „Der Bazar“ mit dem Untertitel „Illustrierte Damen Zeitung“. Die Zeitschrift enthielt bereits das typische Inventar einer Modezeitschrift. Sie war damals ausschließlich der Damenwelt gewidmet und bot neben den aktuellen Trends die unvermeidlichen Schnittmusterbögen, Bastel- und Geschenkvorschläge und eine Ruprik für Rezepte. Der Bedeutung Deutschlands während der Gründerzeit angemessen, erschien die Zeitschrift in den verschiedensten Sprachen und Ländern. Sie beschäftigte bereits ein ansehliches Korrespondenten-Netz.
Andere bekannte Modezeitschriften der damaligen Epoche waren das „Journal des Luxus und der Moden“, welches bereits um das Jahr 1800 in Weimar erschien und sich an die gut situierte Dame wandte. Gerade diese Zeitschrift gibt doch einen guten Einblick in die unterschiedlichen Epochen des 19. Jahrhunderts. Sie eröffnete mir auch den Blick für das Alltagsleben in den „besseren“ Gesellschaftsschichten. Ähnlich wie zum Beispiel die Kochbücher jener Zeit gibt sie ein Zeugnis über die Alltags- und auch Esskulturen der Jahrhundertwende. In den Unternehmensfamilien und ähnlich begüterten Teilen der Gesellschaft lebte man richtig gut. Dies machte sich natürlich auch im Bildungsniveau und der Sehnsucht nach antiken Vorbildern im Wohnungs- und Städtebau bemerkbar. Die vielfachen Rückgriffe und Verwendungen gotischer Elemente und auch solcher aus der Zeit der Renaissance und des Klassizismus im Hochbau verdeutlichen dies eindrücklich.
Aber kehren wir zurück zu den Modezeitschriften. Eine weitere bekannte Modezeitschrift erschien zu Beginn des Aprils 1891 aus dem Geschäftshause für Damen Moden August Polich. Zunächst als Leipziger Moden Zeitung, erschien sie ab Oktober jenen Jahres als Deutsche Moden Zeitung. Sie galt bis zum Ende des zweiten Weltkrieges als eine der wichtigsten Trendzeitungen für Mode.
Die Inhalte gingen über die Mode hinaus
Die Frau war das wichtigst Objekte der Ansprache in den Modezeitungen. So wurden über die aktuelle Mode hinaus auch jene Bereiche angesprochen, die noch der alten Frauenrolle, den drei Ks – Küche, Kinder, Kirche – zugeordnet war. Eine ganz typische Zeitschrift für diese schon fast multifunktionale Ansprache ist für mich die Zeitschrift „Häuslicher Ratgeber“, die auch auf der dritten Seite den Untertitel „Beyers Familien- und Moden-Zeitschrift“ trug. Diese Zeitschrift erschien das erste Mal wohl im Jahre 1885 im Verlag Otto Beyer in Leipzig. Mein eigenes Exemplar stammt aus dem Jahre 1926. Gerade diese Ausgabe der wöchentlich erscheinenden Zeitschrift zeigte exemplarisch den Zeitgeist der 20er Jahre. Nicht nur die traditionellen Bereiche der Frau wurden berücksichtigt und erfüllten damit den konservativen Part. Nein, auch die sogenannten wilden 20er Jahre mit den Emanzipationsbestrebungen der Frau fanden ihren Raum und sorgten für eine spannende thematische Konfrontation im Rahmen der Zeitschrift.
Schon das Titelbild sprengte den von alt her bekannten Rahmen des traditionellen Frauenbildes. Das Titelblatt ziert eine geschminkte Schönheit mit einem typischen Requisit der Zwanziger, einem „flotten Frühjahrshut mit Straußenfeder“. Dieser Fortschritt scheint so gar nichts zu tun zu haben mit den religiös geprägten Geschichten im Inneren des Heftes. Daneben werden als Themen auch neue Frauenberufe, Geschenkideen sowie der Umgang mit dem Kleinkind, – „Praktische Winke für junge Mütter“ -, angesprochen. Der modernen Gesellschaftsfrau wird ein Artikel über moderne Weingläser gewidmet. Ausführlich geht man natürlich mit den Themen Mode und Handarbeit wie der Handwebekunst um. Diesen Themenbereich ergänzte der Verlag mit parallel erschienenen Handarbeitsbüchern.
Geradezu unvermeidlich in den Zeitschriften jener Zeit ist eine Ruprik mit Sprüchen von Goethe. Auch diese zeigen das Spannungsverhältnis, welches die Zeit der 20er Jahre prägte und nicht nur das unterwürfige Weibchen kannte. „Im Ehestand muss man sich manchmal streiten, denn dadurch erfährt man was voneinander“. Eine Aussage, Jahre zuvor kaum denkbar! Aber auch Zitate wie: „Glückselig der, dessen Welt innerhalb des Hauses ist“.
Die Inhalte im Heft werden ergänzt durch praktische Tipps zu den Bereichen Haus, Hof und Garten sowie einem Vorschlag zu einem wöchentlichen Speisenplan. Das Heft ist zudem reichlich bestückt mit Zeitungsanzeigen. Die Reklame betrifft die eher fortschrittlichen Bereiche Mode, Kleidung, Körperpflege und Bildung, aber auch die traditionellen wie Kinder und Hausarbeit.
20er und 30er Jahre – das Art Deco
Das Zeitalter des Art Deco stellte eine weitere Entwicklung bei den Modezeitungen dar, – aber beileibe nicht nur dort! Hatten wir um 1800 die fein ausgearbeiteten und charakterstarken Modelle in der Zeitschrift „Journal des Luxus und der Moden“ mit etlichen handcolorierten Seiten kennengelernt und Jahrzehnte später die schon auf Arbeitsteilung und Rationalisierung basierenden Modezeitschriften der Gründerzeit, so stellte das Art Deco eine erneute Revolution dar. Angetrieben vom Pariser Modemacher Paul Poiret und seinen Design-Genies Paul Iribe und Georges Lepape entstanden ab 1904 die ersten Modellentwürfe mit den so typischen sich immer wiederholenden Kleinornamenten und dennoch einfach fast taillenlos fallenden Stoffen mit bunten auffälligen Farben versehen. Dies war Art Deco vom Feinsten. Dem Stil fielen die so umständlichen Schnürkorsette, die schweren rüschenbesetzten Ober- und Unterröcke mit ihren so typischen knisternden Geräuschen, in der Modesprache als Frou-frou bezeichnet, zum Opfer. Iribe und Lepape stellten ihre Luxusentwürfe in zwei sehenswerten Alben „Les robes de Paul Poiret“ und „Les choses de Paul Poiret“, die in den Jahren 1908 und 1911 erschienen, zusammen. Diese Alben waren der internationale Durchbruch für Poiret und seine Mannen, führten seine Erfolgsspur quer durch Europa und gaben die Initialzündung für eine ganze Reihe von neuen Modezeitschriften. Mit die bekanntesten erschienen bereits im Jahre 1912 mit der „Gazette du Bon Ton“, dem „Journal des Dames et des Modes“ sowie der „Modes et Maniéres d’Aujourd’hui“. Die bekannteste blieb über Jahrzehnte die „Gazette du Bon Ton“. Dieses Modeblatt beschäftigte nicht nur Iribe und Lepape, sondern auch so bekannte Modedesigner wie Marty, Brissaud oder Boutet. Dem luxuriösen Selbstverständnis des Blattes entsprach das Büttenpapier sowie die Anwendung der Pochoir-Methode.
In Deutschland erschienen fast gleichzeitig ebenfalls recht elitäre Modezeitungen wie „Styl“, „Elegante Welt“ oder „Die Dame“.
Inhaltliche Änderungen in den nachfolgenden Jahrzehnten
In den nachfolgenden Jahren gab es auch gravierende darstellende Änderungen. Waren als abgebildete Modelle bis dahin allein Frauen und Kinder erlaubt, kamen nun nach und nach männliche Modelle hinzu. Die Darstellung von Kindermoden war legitim, da die Erziehung der Kinder ja die traditionelle Aufgabe der Frau war.
Männer waren sehr oft mit Zigarette abgebildet, was heute kaum noch vorstellbar wäre. Rauchen wurde mit Männlichkeit verbunden. Die Darstellung der Frau ging ins überhöht Weibliche mit Betonung der Schultern und im Gegensatz dazu die Verengung im Taillenbereich mit der sogenannten „Wespentaille“.
Das Bild links zeigt das Cover einer Modezeitschrift aus der DDR aus den 50er Jahren
Die 50er Jahre
Die 50er Jahre überraschten mit gewagten Farbkombinationen, wie wir es von 50er Jahre-Keramik, Möbeln, Glas, Vasen, Lampen, Tapeten, Porzellan, um nur einige Gebrauchsgüter anzuführen, gewöhnt sind. Der Pullover auf dem Titelblatt von „Beyers Handarbeit und Wäsche – Strickmoden“ aus dem Jahre 1956 unterstreicht dies. Die Inhalte konzentrierten sich auf die Darstellung der aktuellsten Mode, ohne allerdings auf Rupriken wie jahreszeitliches Schenken oder Themen wie „Alles für die Frau“ zu verzichten.
Auch in den bebilderten Modezeitschriften der DDR merkt man, dass die 50er Jahre auch dort angekommen waren.