Alte Brillen und Brillengestelle sammeln
Alte Brillen und Brillengestelle haben eine spannende Geschichte. Die Brille ist eine wichtige Erfindung, welche uns im Alltag stets begleitet. Es gibt sie in unterschiedlichen Formen und Ausprägungen. Inzwischen ist die Brille ein so gewöhnlicher Gegenstand geworden, dass wir ihr nur noch wenig Beachtung schenken. Dies ist nicht ganz gerechtfertigt, wenn wir uns die Geschichte der Brille betrachten. Sie wirft ein faszinierendes Licht auf die Sehhilfe, was einige Sammler längst erkannt haben.
Hätten sie es nur gewusst – der lange Weg zur Brille
Die Brille hat eine lange Entstehungsgeschichte hinter sich. Bereits im Altertum hinterließen Berühmtheiten wie der römische Politiker Cicero, dass ihre Sehkraft nachlassen würde und sie bald nicht mehr selbst lesen könnten. Eine Brille gab es zu jener Zeit jedoch noch nicht. Der Kaiser Nero hielt sich während der Gladiatorenkämpfe grüne Smaragde vor die Augen, um sich vermutlich vor dem grellen Sonnelicht zu schützen. Dies mag ein sehr mondäner Weg eines Sonnenschutzes gewesen sein, doch was blieb dem berühmten römischen Oberhaupt übrig, wenn es gab bis dato keine Brillen gab.
Das Wissen über die Möglichkeiten von geschliffenem Glas als Sehhilfe ist über Jahrhunderte zusammengetragen worden. So erfand der griechische Physiker und Mathematiker Archimedes zwischen 287 und 212 vor Christus das Brechungsgesetz. Über die vergrößernde Wirkung einer mit Wasser gefüllten Glaskugel schrieb der Gelehrte Gajus Plinius. Nutzen konnte er die Erkenntnis nicht. Unter anderem der Lichtbrechung widmete sich der griechische Mathematiker und Astronom Claudius Ptolomäus, welcher zwischen 100 nach Christus und 178 nach Christus lebte.
800 Jahre später schrieb der Araber Ibn al-Haitam ein Buch, welches er „Schatz der Optik“ nannte. In diesem thematisiert er bereits die Lehren des Sehens, die Reflexion und die Refraktion. Ferner stellte er Überlegungen über eine geschliffene Linse an, die das Sehen unterstützen soll. Es entstand ein bahnbrechendes Werk, welches im 13. Jahrhundert ins Lateinische übersetzt wurde. Westeuropäische Mönche wurden auf das Werk und die Überlegungen von Haitam aufmerksam und fertigten überhalbkugelige Plankonvexlinsen an. Diese ersten Lesehilfen wiesen eine ebene Fläche auf und konnten so auf Schriften gelegt werden. Dadurch vergrößerten sich die Schriftzeichen erheblich und selbst ältere Gelehrte trotz Alterssehschwäche konnten noch die Buchstaben erkennen.
Der Philosoph Roger Bacon erkannte, wie bedeutsam diese Erfindung war, und verbesserte sie. Der sogenannte Lesestein ist vornehmlich aus Bergkristallen oder Quarz gefertigt worden. Auch Halbedelsteine wie Beryll dienten als Rohmaterial für Linsen. Über das mittelhochdeutsche „berille“ leitete sich die Bezeichnung „Brill“ für diese Linsen ab. Zwei solcher Linsen erhielten den Namen „Brille“. Noch heute gibt es Lesesteine, welche jedoch als Visolettlupen vertrieben werden.
Lesesteine zum Aufsetzen – die Nietbrille
Ende des 13. Jahrhunderts ist die relativ umständliche Handhabung der revolutionären Lesesteine verbessert worden. Sie wurden klein und flach geschliffen. Ferner wurden sie in einen Rahmen gesetzt und konnten mithilfe eines Stils unmittelbar vor die Augen gehalten werden. Eine Befestigung am Kopf gab es noch nicht. Das Sehfeld vergrößerte sich so und das Lesen vereinfachte sich. Wie lang die Stile waren, war sehr unterschiedlich. Die Nietbrille wurde damals aus Eisen, Horn und Holz hergestellt. Sie war sehr wertvoll und war daher lediglich für Gelehrte und Vermögende erschwinglich. Der Durchmesser der Gläser betrug nur noch 3 cm. Dies mag für uns immer noch dick erscheinen, doch für die damalige Zeit war es ein Durchbruch. Murano, eine Inselgruppe bei Venedig, war führend in der Verarbeitung von Glas. Noch heute kann dort ihr traditionelles Handwerk bestaunt werden.
Die älteste Darstellung einer Brille ist im Kapitelsaal des Kirchengebäudes San Nicolo in Treviso in der Nähe von Venedig zu bewundern. Der italienische Künstler Tomaso di Modena malte im Jahr 1352 den Kardinal Huge de Province, welcher eine Nietbrille trug. Die ältesten Hinweise auf eine Brille gehen jedoch bereits in das Jahr 1305 zurück und beziehen sich auf eine Predigt des Dominikanermönches Giordano da Rivalto in Pisa. In dieser lobte der Mönch die Erfindung dieser Sehhilfe. Eine weitere alte Abbildung einer Brille befindet sich in Österreich im Augustinerchorherrenstift in Klosterneuburg. Gestiftet wurde das Gemälde einst von König Albrecht II. und ist von einem unbekannten österreichischen Künstler gemalt worden. Auf dem im Jahr 1493 geschaffenem Gemälde wird ein Apostel dargestellt, welcher eine Nietbrille trägt. Ein weiteres Kunstwerk, welches eine Nietbrille zeigt, befindet sich im kunsthistorischen Museum in Wien. Dieses Gemälde ist im Jahr 1498 vom Meister von Großgmain im Salzburgischen erstellt worden und zeigt den heiligen Augustinus, wie er ein Buch liest.
Eine erste technische Verbesserung – die Bügelbrille
Ab dem Jahre 1350 kam es zu steten technischen Neuerungen der Brille. Die Nietbrille, eine Konstruktion aus zwei übereinander genieteten Teilen ohne große Stabilität, wurde modernisiert. Zwei eingefasste Gläser wurden mithilfe eines Bügels oder Bogens miteinander verbunden. Die verwendeten Materialien waren Bronze, Eisen, Leder, Holz, aber auch Horn, Knochen oder Fischbein. Eine Bügelbrille wurde beispielsweise in einem Gemälde dargestellt, welches sich im Flügelaltar einer deutschen Kirche in Niederwildungen imWaldeckschen, dem heutigen Bad Wildungen, befindet. Im Jahr 1404 malte der Künstler Konrad von Soest den Evangelisten Lukas, der sich eine Bügelbrille vor die Augen hält. In der Mitte des Bügels ist eine Öse zu erkennen, welche vermutlich dazu diente, eine Kette anzubringen. Dadurch wurde das Herabfallen der kostbaren Sehhilfe verhindert. Wenn das Glas einmal gebrochen war, dauert es meist mehrere Monate, bis es ersetzt werden konnte.
Im 14. Jahrhundert entstanden diverse Varianten der Bügelbrille, welche sich einer hohen Nachfrage erfreute. Im Jahr 1445 ist durch Johann Gutenberg der Buchdruck erfunden worden, was zu einer größeren Verbreitung von Schriftwerken geführt hat. Der Verkauf der Bügelbrille stieg damit erneut stark an. Da bisher die Brille mühsam vor die Augen gehalten werden musste, wurde ihre Fassung mit Einschlitzungen versehen. Dadurch war der Steg elastischer und die Sehhilfe konnte vorsichtig auf die Nase gesetzt werden.
Kreative Formen einer Sehhilfe – die Mützenbrille und der Monokel
Um der Bügelbrille einen besseren Sitz zu geben, entstand eine simple Hilfskonstruktion. Mit dieser konnte die Brille an einer Mütze befestigt werden, welche tief im Gesicht saß. Es war eine originelle Methode, welche vom 15. bis zum 18. Jahrhundert eingesetzt worden ist. Als Material wurde meist Eisen eingesetzt. Verwendet wurde die Mützenbrille, welche auch Stirnfortsatzbrille genannt worden ist, vor allem von Frauen und Bürgern des höheren Standes. Der Grund dafür ist sehr einfach. So musste dieser Personenkreis eine Kopfbedeckung zum Grüßen nicht abnehmen und konnte daher, die Brille stets auf dem Kopf behalten. Parallel zu den Brillen gab es das urige Monokel. Es war eine Weiterentwicklung des Lesesteins und existierte bereits im 14. Jahrhundert. Anfangs ist er vor den Text oder vor das Auge gehalten worden. Erst im 16. Jahrhundert gab es die Möglichkeit, das Monokel zwischen Wange und Oberlid einzuklemmen. Eine weite Verbreitung erreichte diese solitäre Sehhilfe erst um das Jahr 1800. Inzwischen konnten auch bürgerliche Mittelschichten Brillen erwerben. Mit den Jahren ist das Monokel zu einem Modetrend geworden, mit dem der eigenen Persönlichkeit Ausdruck verliehen worden ist. Viele Männer trugen sie in ihrer Westentasche und klemmten sie nach Bedarf zwischen Wange und Oberlid. Der aristokratische Charme war damit perfekt. Ärzte vermuteten, dass das Monokel eine gesundheitsschädliche Wirkung haben könnte, da das Gesicht verzerrt werden musste. Dies ist jedoch längst widerlegt.
Weitere interessante Innovationen – Stirnreifenbrille, Gelenkbrille und der Zwicker
Im 16. Jahrhundert ist die Stirnreifenbrille entworfen worden. Bei ihr waren die Gläser an einem Metallreifen befestigt, welcher um die Stirn oder um den Kopf gelegt worden ist. Im Jahr 1797 erschuf der englische Optiker Dudley Adams ein verbessertes Konstrukt der Stirnreifenbrille, indem er die Pupillendistanz beachtete. Ferner setzte er die Ohren als Stütze für sein Patent ein. Gleichzeitig zur Stirnreifenbrille ist im 16. Jahrhundert die Gelenkbrille entwickelt worden. Bei diesem Exemplar ist die starre Brücke zwischen den beiden Glasfassungen durch ein bewegliches Scharniergelenk ersetzt worden.
Auch der berühmte Zwicker entstand im 16. Jahrhundert. Zu Beginn sind die beiden Glasfassungen mit einem Bügel aus Kupfer oder Eisen verbunden worden. Später sind sie durch ein Lederpolster versehen worden, was unangenehme Druckstellen auf der Nase minimierte. Bei sehr hochwertigen Konstruktionen konnten die stark benutzten Lederpolster durch neue Polster ausgewechselt werden. Insbesondere zwischen dem 17. Jahrhundert und 19. Jahrhundert war diese Sehhilfe sehr begehrt.
Modelle mit aktuellem Bezug – die Fadenbrille, das Lorgnon und die Ohrenbrille
Der Druck auf der Nase war der größte Nachteil der Zwicker. Und so kamen einige Erfinder im ausgehenden 16. Jahrhundert auf die Idee, die Brille mit einem Faden um die Ohren zu fixieren. Diese Brille nannte sich Fadenbrille oder Pindtbrille und stammt vermutlich aus Spanien. Die Erfindung war revolutionär, da nun beide Hände zur Benutzung frei waren und die Brille ohne zu starken Druck auf der Nase hielt. Es wird angenommen, dass spanische Missionäre die Fadenbrille in den asiatischen Raum einführten. Dort wird sie teilweise noch immer verwendet. Auch das Lorgnon wird heute noch immer benutzt. Es besitzt einen Stiel, mit dem die Brille vor die Augen gehalten wird. Der Ursprung liegt wahrscheinlich in einer Nietbrille, welche umgekehrt gehalten worden ist. Dieser Vorläufer des eigentlichen Lorgnons entstand im 15. Jahrhundert und ist Scherenbrille genannt worden.
Während des 18. Jahrhunderts verbreitete sich das Lorgnon in den deutschsprachigen Regionen. In Frankreich war es besonders an der Wende zum 19. Jahrhundert beliebt. In jener Zeit ist der Scherebrille ein seitlicher Stil beigefügt worden. Eine bedeutende Innovation stellte das Lorgnon dar, welches zusammengefaltet werden konnte. Die Brillengläser ließen sich zusammenlegen und bei Bedarf wurde sie mithilfe einer Feder geöffnet. Es gibt viele wertvolle Exemplare dieses Brillentyps, welche zumeist von der Damenwelt benutzt worden sind. Heute haben sie unter Sammlern einen großen Wert.
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurden Brillen mit seitlichen Stäben herausgebracht, welche auch Schläfenbrillen genannt worden sind. Um einen guten Sitz der Brille zu erreichen, wurde das Stangenende mit einem Metallring versehen.
Wenn ich mir die Geschichte der Brille so betrachte, muss ich verstellen, dass dieser Alltagsgegenstand eine ungeahnte Faszination besitzt. Immerhin dauert es 500 Jahren, bis eine Brille bequem auf der Nase saß und hinter den Ohren befestigt worden ist. Mit der Zeit sind immer wieder neue Modelle entstanden, welche den Tragekomfort erhöhen sollten. Heute sind Exemplare mit einem Gewicht unter 15 Gramm keine Seltenheit. Ferner war und ist ihre Form der aktuellen Mode entworfen.
Einladung zum Staunen – alte Brillen – das Brillenmuseum
Wer sich einmal eine große Auswahl an historischen Brillen anschauen möchte, dem kann ich das erste Brillenmuseum in Norddeutschland empfehlen. Es befindet sich in einem denkmalgeschützten Haus in Hamburg und zeigt Exemplare aus unterschiedlichen Epochen. Es können sogar einige alte Brillen ausgeliehen werden.
August 5th, 2014 at 12:41
Hallo,
ich habe einen Schuhkarton alles alter Brillen (Brillengestelle mit Gläsern komplett).
Hat jemand Intresse? Zum wegwerfen sind sie zu schade.Sind auch ganz alte dabei. .
Gruss monilein