Christbaumschmuck sammeln Weihnachtsbaumbehang
Geschichte von Christbaumschmuck und Christbaumbehang
Christbaumschmuck bestand bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts ausschließlich aus Essbarem. Dies waren vor allem Äpfel und Nüsse sowie süßes Selbstgebackenes. Äpfel und Nüsse konnten eine silberne oder goldene Farbe besitzen oder erhalten. Den Süßigkeiten verdankte der Weihnachtsbaum auch den doch damals oft verbreiteten Namen „Zuckerbaum“. Die Entwicklung von geschmückten wintergrünen Zweigen bis zum dekorierten Nadelbaum habe ich unter dem Artikel Weihnachten aufgezeigt. Süßigkeiten wie z.B. gezuckerten Mandeln und anderem Essbaren wie Lebkuchen spielte ab dem 18. Jahrhundert auch Selbstgebasteltes aus Papier, Watte oder Machee eine gewichtige Rolle.
Kleine Kunstwerke aus Pappmache wurden im 19. Jahrhundert sogar schon gewerblich hergestellt. Als Thema hatten sie oftmals weniger den weihnachtlichen, christlichen Anlass, sondern eher die zeitgenössischen technischen Errungenschaften. Da dies die Zeit der großen Entdeckungen und Erfindungen war, – Erfindung von z. B. Auto, Motorrad, Telefon, Kühlschrank, Eisenbahn, wurden diese Motive auch im Bereich der Miniaturenherstellung und somit auch als Christbaumbehang, bevorzugt. Daher gab es Christbaumschmuck bald auch aus Blech, aus Holz, aus Porzellan oder aus Zinn. Eine Rolle bei der Herstellung spielte auch Rauschgold, welches eigentlich kein richtiges Gold war; Rauschgold wurde aus Messing hergestellt. Dieses wurde in hauchdünnen Folien verarbeitet, welche golden schimmerten. Als Christbaumgold gab es Rauschgold für wenige Pfennige auch zum Selbstvergolden von Gebasteltem zu kaufen.
Ganz groß im Rennen waren, und zwar nicht nur im Bereich des Weihnachtsschmuckes, Miniaturdarstellungen des Zeppelin. Der Zeppelin wurde auch als Blechspielzeug hergestellt oder war auf Postkarten abgebildet. Motive und Gegenstände mit dem Thema „Zeppelin“ waren schon zu Zeiten, als ich selbst Anfang der 70er Jahre die ersten Flohmärkte besuchte, bei Sammlern sehr begehrt. Geblieben ist bis heute aber die Liebe zu Christbaumschmuck aus Glas. Die so aufwändig dekorierten Behänge aus Papier und Watte, die in den Jahren um 1900 äußerst beliebt waren, sind heute weitgehend aus dem Gesichtsfeld geraten. Das Bedrucken von Papier war zwar generell seit Erfindung der lithografischen Technik von Alois Senefelder schon länger möglich, für eine industrielle Massenproduktion sorgte aber erst die Schnelldruckpresse ab den 60er und 70er Jahren des 19. Jahrhunderts. Es war dann die Entwicklung der Farblithografie, auch Chromolithografie genannt, die mit ihren leuchtenden Farben bis heute unerreichte Kunstwerke auf Papier ermöglichte. Dieses allerdings sehr aufwändige Verfahren wurde dann zu Zeiten des Jugendstils von rationelleren Methoden abgelöst. Auch farblithografierte Engelsmotive auf Papier gab es bereits als Bastelbögen. Christbaumbehang aus Watte entwickelte sich ebenfalls zur Gründerzeit; die Motive glichen denen aus den anderen Materialien. Sie sind heute jedoch stark gesucht, was wohl mit der geringen Haltbarkeit der Exponate zu erklären ist.
Bild links: Christbaumschmuck um 1900 mit dem Thema Zeppelin. Als Verzierung wurden leonische Drähte verwendet.
Christbaumschmuck aus Lauscha
Ab circa 1850 kam der uns wohlbekannte gläserne Baumschmuck auf. Zentrum war einmal mehr Thüringen, und hier vor allem Lauscha, welches in der Folgezeit auch für seine hervorragende Kunst der Christbaumschmuck-Herstellung bekannt werden sollte. In Lauscha gab es schon seit 1597 Betriebe und Manufakturen der Glasverarbeitung. Voraussetzung für die Herstellung und insbesondere das Blasen der doch sehr dünnen Glaskugeln war der Aufbau einer Gasanstalt in Lauscha im Jahre 1867. Gas produziert eine sehr heiße Flamme und eine solche wird zum Blasen extrem dünner Kugeln benötigt. Zudem lässt sich eine Gasflamme sehr gut regulieren.
Der Glasbläser hingegen konnte nicht nur Kugeln produzieren. Wer schon einmal einem Glasbläser zugesehen hat, weiß, dass durch Drehen, Blasen, durch Drücken und gleichzeitigem Bearbeiten mit der Zange die unterschiedlichsten Figuren geformt werden konnten, so auch die beliebten Kugeln mit Reflexen. Auch das mehrfache Erhitzen gehörte zu den Arbeitstechniken. Zu den häufigsten Techniken gehörte das Blasen in sogenannte Negativformen. Auf diese Art entstanden die bekannten Behänge wie Weihnachtsmänner, Nüsse, Trompeten, Klarinetten, Tannenzapfen, Vögel, Herzen, Trauben und viele andere. In Negativformen geblasenen Exponate kann man sehr gut an der seitlichen Naht erkennen, dort, wo die aufklappbaren Teile der Form aneinander ansetzten. Die um die Jahrhundertwende (1900) beliebten Eiszapfen entstanden durch Ziehen von Glasstäben in der Gasflamme. Bis etwa 1920 spielten leonische Drähte als Verzierungselemente eine gewichtige Rolle. Die Verzierung der Kugeln und Formen geschah in den vielen Familienbetrieben. Dorthin kamen dann die Grossisten und kauften den Weihnachtsschmuck auf. Zur Verspiegelung der Oberflächen der Glaskugeln wurde anfangs eine Legierung aus Zinn und Blei benutzt, welche sich allerdings als äußerst gesundheitsschädlich für die vielen Glasbläser herausstellen sollte. Bereits ab etwa 1870 wurde anstelle der Zinn-Blei-Legierung Silbernitrat verwendet. Die so von innen verspiegelten Rohlinge wurden anschließend entweder von Familienangehörigen der Glasbläser oder Heimwerkern mit Farbe und Glitzer versehen. Vertrieben wurde der gläserne Christbaumbehang durch Händler in der alten und bekannten Spielzeugstadt Sonneberg.
Für die weitere Verbreitung und den Aufschwung des Thüringer Christbaumschmuckes sorgte der Amerikaner Frank Winfield Woolworth. Dieser hatte nur ein Jahr zuvor in Lancester/USA den ersten Laden seiner später berühmten Woolworth-Kette eröffnet. Er orderte riesige Mengen an Christbaumkugeln für seine Läden und machte sie somit in den USA bekannt, bereitete dort den Markt für den deutschen Christbaumschmuck vor. Da die meisten Amerikaner ihren Baumbehang jedes Jahr neu kauften, kamen im Laufe der Jahre eine große Zahl unterschiedlichster Motive aus Lauscha auf den Markt. Für die Amerikaner ist dieser Schmuck eine typische Wegwerfware; etwas entsetzt war ich allerdings, als jetzt im TV zu sehen war, wie manche Zeitgenossen in den USA nach Weihnachten ihre Bäume mitsamt dem Behang mit Äxten und Hammer zertrümmerten. In Deutschland werden die Kugeln und Engel doch in der Regel über mehrere Jahre, manchmal auch Jahrzehnte, gut verwahrt.
Ähnlich wie bei der Fabrikation von Puppen gab es im Bereich der Herstellung des Christbaumschmuckes in den thüringischen Städtchen und Dörfern unzählige Familienbetriebe, welche, um konkurrenzfähig zu bleiben, gezwungen waren, immer wieder unterschiedlichste Muster herzustellen. Auch diesem Umstand war es zu verdanken, dass die Thüringer Manufakturen zumindest bis zum 1. Weltkrieg weltweit führend waren.
Gablonz und andere Zentren
Anfang der 20er Jahre begann man dann auch im böhmischen Gablonz, heute in Tschechien gelegen, Weihnachtsschmuck herzustellen. In den 30er Jahren gesellten sich dann noch polnische und US-amerikanische Manufakturen hinzu. Nach dem 2. Weltkrieg wanderten viele der thüringischen Glasbläser ins nahe bayerische Neustadt bei Coburg ab und schufen dort ein neues großes Zentrum der Baumbehangproduktion.
Die bekannte Gablonzer Glasindustrie, unter Sammlern hoch angesehen, arbeitete und experimentierte viel mit Glasperlen. Bekannt sind die Gablonzer Kreuze aus Glasperlen. Die Glasperlen sind überdies ein typisches Merkmal und Unterscheidungskriterium gegenüber den Thüringer Manufakturen. Das Bild zeigt sehr schön die hohlen kleinen Glasperlen sowie die feinen Röhrchen, welche gleichfalls aus Glas erstellt wurden. Beide Gestaltungsmittel, Perlen und Röhrchen in unterschiedlichsten Farben, wurden an dünnen Drähten zu allen möglichen Kunstformen aufgezogen.
Typischer Glasperlenschmuck aus Gablonz
Technik und Qualität
Nach 1945 haben sich in der Qualität der Herstellung leider deutliche Verschiebungen ergeben. Zwar gibt es auf der einen Seite noch den urtümlichen Glasbläser; die Entwicklung geht aber dahin, Differenzierungen beim Behang nur noch über die Verzierung herbeizuführen. Längst ist es so, dass eine einige große Hersteller, zeitweise waren es Glühbirnen-Hersteller, für die Produktion der Rohware, zumeist unbehandelte Kugeln sorgte, welche dann in den ehemaligen Glasbläsereien und Baumbehangherstellern nur noch verziert werden mussten! Auch das Verzieren geschieht heute weitgehend automatisiert und maschinell.
Zeitliche Zuordnung
Es gibt also den frei geblasenen sowie den in Formen geblasenen Christbaumschmuck.Insbesondere bei Letzterem ist eine zeitliche Einordnung schwierig. Das liegt ganz einfach daran, dass viele der Formen über lange Jahre, manche über mehrere Jahrzehnte benutzt wurden und der so entstandene Behang dem Zeitgeschmack und den Modetrends über lange Zeit widerstanden hat. Bei Formen ist es zudem möglich, dass sie maschinell beblasen werden können. Das ist effektiv, zeitsparend und verbilligt den Produktionsprozess. Man kann davon ausgehen, dass frei geblasene Formen, besonders wenn es sich um schwierige Stücke wie die alten christlichen Symbole Ankerkreuz oder Lyra oder auch eine Trompete handelt, diese von erfahrenen Glasbläsern erstellt wurden. Dies dürfte allein schon vom Aufwand heute kaum mehr möglich sein.
Man bekommt mit der Zeit auch einen Blick für ältere Stücke, auch wenn sie einer ähnlichen oder gar der selben Form entsprangen. Der neuere Behang wirkt einfach klarer, während ältere Teile teils erblindet oder fleckig sind und auch der Glanz gelitten hat.
Eine weitere Möglichkeit, auf das Alter zu schließen, ist die Bemalung des Weihnachtsbaumschmuckes. Sie war exakter, dataillierter, sorgfältiger als heute. Die heute verwendeten Transparentlacke sind zudem sehr viel aufdringlicher. Es gilt allerdings Vorsicht; die Basis der alten Farben war Gelatine. Diese hat die Eigenschaft, bei Feuchtigkeit aufzuquellen. Deshalb benutzen wir heutzutage Gelatine bei manch schmackhaftem Dessert, welches eine gallertartige Konsistenz haben soll. Man sollte daher tunlichst vermeiden, die alten Prachtstücke feucht zu säubern Die Farbe würde sofort aufquellen.
Aufhänger
Zusätzliche Hinweise auf das Alter können die unterschiedlichen Aufhänger geben. Die Aufhänger werden im Bereich des verbliebenen Halses, des Glasstutzens, befestigt. Dabei wird der Glasstutzen, an welchem man sich auch verletzen könnte, verdeckt. Dieser Stutzen ist mehrere Millimeter lang, kann aber auch die Länge eines Zentimeters erreichen. Wir kennen heute überwiegend die Aufhänger mit einer Kappe, an welcher ein spreizender Metalldraht befestigt ist, welcher den Behang vor Herabfallen schützt. Die Käppchen besitzen an ihrer Oberseite oftmals Prägungen, die auf Alter und Herkunft schließen lassen. Beispiele sind „made in GDR“ für die DDR-Zeit oder „West Germany“.
Bei Freihand geblasenem oder kunstgewerblichem Christbaumschmuck werden die Aufhänger auch schon mal angeschmolzen. Ursprünglich, und dies betrifft den ältesten Baumbehang, wurde Hals oder Glasstutzen ähnlich wie eine Weinflasche zugekorkt. Im Korken wurde ein Aufhängedraht aus Messing befestigt. Der gekorkte Hals, der hin und wieder auch kurz über der Kugel oder Form noch vom Bläser abgeschnitten wurde, wurde anschließend mit einer kleinen Messingkappe verdeckt. Bei sehr dünnen zerbrechlichen Kugeln verzichtete man oftmals auf die Korkung und klebte beringte Messingkäppchen auf die Halsöffnung.
Lametta
Lametta gab es ursprünglich nur in der bekannten silber scheinenden Farbe und stand sybolisch für die winterlichen Eiszapfen der Nadelbäume in den Wäldern und Gärten. Der Name Lametta leitet sich vom lateinischen lamella – Metallblättchen – ab.
Lametta wurde, so weit ich mich erinnere, bis in die 70er Jahre aus Stanniol gefertigt. Stanniol kennzeichnete eine Legierung aus Blei und Zinn. Der silberne Glanz des Lamettas rührte vom Zinn her; sein Gewicht war dem Bleigehalt zu verdanken.
Früher Kerzenhalter
Lametta konnte man vorsichtig mit einem Handtuch bügeln. So war es für das folgende Jahr wieder gebrauchsfertig.
Heutzutage findet man leider nur noch Kunststofflametta in vielen Farbvarianten, welchem jedoch die Ausstrahlung und der Charme des alten Lamettas fehlt.
Dezember 14th, 2019 at 17:45
Unsere alten goldenen Christbaumkugeln aus den Fünfziger Jahren, die auf dem Glasstutzen eine einfache und schlichte Metallkappe hatten, waren eigentlich silberne, die mit einer Art goldfarbenem Lack (?) oder anderen Farbe überzogen waren. Wo sie etwas abgeblättert war, konnte man die reine silberne Farbe sehen. Ich habe sie noch, jedoch gut verpackt, weil sie eben nur noch so wenige sind. Es gibt auch noch 3D-Sterne, die aus altgoldenem Engelshaar sind. Wunderschön. Es muss sich aus feinem gekräuselten Messingdraht handeln, der altersbedingt nachgedunkelt ist und dadurch eine besondere Schönheit hat.