Holzspielzeug sammeln
Der Ursprung liegt über 200 Jahre zurück
Wenn man von Holzspielzeug spricht, so denkt man unwillkürlich an das Erzgebirge. Das Erzgebirge war jahrhundertelang vom Bergbau und hier insbesondere vom Zinnbergbau geprägt. Im 18. Jahrhundert kam dieser zum Erliegen. Nachdem diese Erwerbsquelle nicht mehr genutzt werden konnte, fanden die Bewohner dieser ansonsten nicht sehr begünstigten Gebirgslandschaft zu den ureigenen Ressourcen zurück – zum Holz und dessen Verarbeitung. Dies erinnert sehr an die ökonomischen Bedingungen in einer Landschaft, welche am ganz anderen Ende von Deutschland liegt, – an den Schwarzwald. Auch dort besann man sich auf die Möglichkeiten, die einem der natürliche Reichtum bot. Aus Holz entstanden nach und nach in Heimarbeit die Anfänge der heute berühmten und begehrten Schwarzwalduhren. Die Bewohner des Erzgebirges begannen, Holzspielzeug zu produzieren. Der Beginn der Produktion von Holzspielzeug etwa um 1750 bedeutet allerdings nicht den allgemeinen Beginn der Bearbeitung von Holz. Holzbearbeitung in Form von Herstellung von zum Beispiel Haushaltsteilen wie Schüsseln, Teller, Löffel gab es wohl schon, wie man im wunderbaren Spielzeugmuseum von Seiffen erfährt, um 1500 herum.
Seiffen wurde zum Zentrum der Fabrikation von Holzspielzeug
Als Zentrum der Herstellung von Holzspielzeug entwickelte sich die Gegend um das Obere Flöhatal sowie des Schwartenberges mit dem Mittelpunkt Seiffen. Diese Gegend ragt wie ein Dreieck im Süden des Erzgebirges in den umgebenden tschechischen Bereich hinein. In der alten Bergmannsiedlung Seiffen lebten fortan viele Familien vom Holzspielzeug. Die Manufakturen, die oftmals lediglich auf die eigene Famile beschränkt waren, reichten von Schnitzereien bis Drechslereien. Da in den Familienwerkstätten jedes Stück manuell gefertigt wurde, besitzen selbst Teile größerer Fertigungsserien einen individuellen Charakter. Größere Betriebe kamen erst auf, als die Nachfrage größer wurde und die kleinen Familienhersteller den Vertrieb und Verkauf an Händler und sogenannte Verleger abgaben.
Mit der Nachfrage stieg die Arbeitsteilung
Die vielen kleinen Manufakturen, die eher Heimbetriebe waren, bemerkten sehr schnell, dass es nicht effektiv war, wenn sich jeder um jegliches Holzspielzeug kümmerte. Es benötigte der Arbeitsteilung. Die Arbeitsteilung sah nun so aus, dass einige Manufakturen lediglich Autos und andere Fahrzeuge herstellten, manche spezialisierten sich auf Tiere, Personengruppen und andere Figuren, Sträucher und Bäume, Häuser und Ställe, Puppen, Puppenstuben und Puppenmöbel, Klangspielzeug, Klimperkästen und anderes.
Den Vertrieb übernahmen die Verleger, welche sich vorwiegend in den Orten Olbernhau sowie Grünhainichen und dessen heutigem Ortsteil Waldkirchen niedergelassen hatten. Diese beiden Orte gelten heute als damalige Zentren des Handels mit erzgebirgischem Holzspielzeug und Spielwaren. Im Museum gibt es auch ein Musterbuch des Olbernhauer Verlegers Grundmann zu sehen.
Nun, an diese Verleger lieferten die vielen kleinen Manufakturen ihr verschiedenes Holzspielzeug; aus den vielen Häusern, Figuren, Ställen oder Möbeln stellten die Händler dann das endgültige Verkaufsprodukt zusammen. Der damals größte Markt für Spielzeug, und nicht nur für Blechspielzeug, war Nürnberg. Über Nürnberg veräußerten die erzgebirgischen Verleger das Holzspielzeug mit Gewinn weiter.
Reifentiere und Miniaturspielzeug
Es sind die Spezialitäten der Seiffener Hausproduzenten. Schon früh um das Jahr 1800 kam man auf die Idee, in feuchte Fichtenholzringe Umrisse von Figuren, zumeist von Tieren, zu drechseln. Es war eine hohe Kunst, den rotierenden nassen Holzreifen so zu bedrechseln, dass sich dort letztlich die Umrisse manifestierten, die der Drechsler auch beabsichtigte. Ob seine Arbeit zufriedenstellend ausgefallen war, sah der Drechsler erst nach dem Aufbrechen des Reifens. Nach dem Aufbrechen konnten zwischen 40 und 60 Figuren regelrecht vom Reifen abgeschnitten beziehungsweise abgespalten werden. Diese Rohlinge wurden anschließend weiter beschnitzt und bemalt. Auch heute noch werden in Seiffen und Umgebung Reifentiere hergestellt; das seltene Handwerk beherrschen allerdings nur noch wenige Reifendreher.
Neben Reifentieren trug das berühmte Miniaturspielzeug zum weltweiten Bekanntheitsgrad bei. Dessen Geburtsstunde schlug um das Jahr 1900. Mehrere Jahre zuvor waren die Holzspielzeug-Hersteller durch steigende Holzpreise und erschwerte Zollbedingungen in ihrer Existenz massiv bedroht. Galten bis dahin die üblichen Wertzollbestimmungen, das heißt, es wurde ein gewisser Prozentsatz Zollgebühr auf den Warenwert fällig, so änderten sich die Bestimmungen dahingehend, dass nun ein Gewichtszoll fällig wurde. Dies bedeutete, dass die relativ großen Holzspielzeuge nun nahezu unverkäuflich wurden und kaum noch exportiert werden konnten. Es war der junge 30jährige Seiffener Spielzeug-Produzent H. Emil Langer, der die geniale Idee besaß, Spielzeug entsprechend des damals geltenden Nürnberger Maßes als Miniaturspielzeug herzustellen und so die hohen Exportzölle zu umgehen. Das Miniaturspielzeug passte in eine Zündholzschachtel und war trotz seiner Minigröße sorgfältig gedrechselt und hochwertig verarbeitet. Ab 1905 produzierte Langer Postkutschen mit Fahrgästen, Straßenbahnwagen mit Personal, Bauernhöfe mit Tieren, Bauernstuben und anderes mehr. Andere Hersteller wie Samuel Friedrich Fischer folgten seinem Beispiel. Es wurden deutsche Zündholzschachteln, aber auch schwedische aus Jönköping verwendet. Die Motive umfassten Kolonialwarenläden genauso wie Szenen aus dem Bergwerk, vom Fussballplatz, aus dem Alltagsleben. Es gab fest angeleimte Miniaturszenen, Mini-Konstruktions-Baukästen, aus den Schachteln herausnehmbare Teile sowie bewegliche verschiebbare Teile.
Wie auch beim Blechspielzeug änderten die Kriegszeiten die Motive. Der 1. Weltkrieg wie auch der 2. Weltkrieg spülten Kriegsspielzeug in die Kinderzimmer. Die Zündholzschachteln beinhalteten ab 1914 Kriegsschiffe, Soldaten mit Kanonen und Ähnliches. Das Seiffener Miniaturspielzeug hatte seine große Zeit bis zum Ausbruch des 2. Weltkrieges. Danach erreichte man nie wieder den Erfolg und die Auflagezahlen früherer Jahre. Die Wiedervereinigung 1990 ließ dann diese Handwerkskunst wieder aufleben; Miniaturspielzeug in Zündholzschachteln wird aber eigentlich nur noch als erzgebirgisches Souvenir produziert. Die Funktion als Kinderspielzeug hat es lange verloren. Natürlich war das Miniaturspielzeug ein Spielzeug für arme Leute. Es ist nicht zu vergleichen mit aufwändigem Blechspielzeug zum Beispiel von Schuco, Bing, Märklin oder japanischem Blechspielzeug. Die Haltbarkeitsdauer war im Spieleinsatz auch dementsprechend kurz. Dies ist wohl auch der Grund, dass noch erhaltene Teile aus den Anfangsjahren heute sehr selten sind und nur gegen entsprechend hohe Preise erstanden werden können.
Eines der bekannten Räuchermännchen aus Seiffen
Nussknacker, Räuchermännchen und Drehpyramiden
Diese weihnachtlichen Accessoires sind es, die einem als erstes zu Advent, Weihnachten und Erzgebirge einfallen. Sie sind eigentlich keine Spielgeräte mehr, sondern Gegenstände, die mit den weihnachtlichen Bräuchen verbunden sind und eher zur Volkskunst zu zählen sind. Die Weihnachtspyramiden besitzen in Sachsen eine lange Tradition, eine Tradition, welche um etwa 1800 begann. Diese Holzgestelle, die mehrere Stockwerke aufweisen können, bewegen sich über das Flügelrad, welches durch aufsteigende Wärme der Kerzen angetrieben wird. Zu den Pyramiden gehören oftmals kunstvoll geschnitzte Pyramidenfiguren.
Die Figuren zur Advents- und Weihnachtszeit tragen oft Kerzen und sind Engel oder Bergmannsfiguren. Ihre Herstellung glich früher der der alten Docken, den ersten Puppen. Sie wurden gedrechselt und anschließend wie bei Massefiguren die Arme am Korpus mit Leim oder Draht befestigt.
Die Arme konnten aus Holz oder Masse sein. Die bekanntesten Figuren, die die Spielzeugmacher in den kleinen Haus- und Familienmanufakturen herstellten, waren und sind allerdings die Nussknacker und Räuchermännchen. Eine bekannte Familienmanufaktur sind die Füchtners, die bis zum heutigen Tage Nussknacker herstellen. Die Tradition begann mit dem Zimmermann und Kunsthandwerker Friedrich Wilhelm Füchtner, der 1844 in Seiffen geboren wurde und im Jahre 1870 erstmals einen Nussknacker drechselte. Dieser sogenannte Königsnussknacker wurde zum Vorbild der nachfolgenden Nussknacker-Generationen. Wie weit die Geschichte des Nussknackers zurückgeht und ob seine Wiege im Erzgebirge stand, ist nicht geklärt. Es gab nachweislich wenigstens schon 200 Jahre zuvor rein handwerklich, handgeschnitzt und nicht gedrechselt, produzierte Nussknacker, auch im Erzgebirge. Der älteste figürlich hergestellte Nussknacker soll der im Wiener Völkerkunde-Museum ausgestellte aus dem Jahre 1591 sein. Auf jeden Fall ist Füchtner der „Erfinder“ des modernen Nussknackers und auch mein abgebildeter ist dem Füchtnerschen Königsnussknacker nachgeahmt. Was die Nussknacker aus dem Erzgebirge so wertvoll macht, ist die große Zahl an Arbeitsschritten, bis zu einhundertunddreißig, sowie die hohe Zahl an Einzelteilen, die um die sechzig liegen soll.
Ein beliebtes Motiv – der Nussknacker als Husar
Nussknacker und Räuchermännchen wurden schon früh in alten Kinderbüchern abgebildet, womit man durchaus eine Verbindung zum Spielzeug schlagen könnte. Da sie zumeist zur Weihnachtszeit auf Märkten im Erzgebirge angeboten wurden, fand man sie etwas später auf auf den weihnachtlichen Gabentischen wieder. Ein rauchender Türke soll das erste figürliche Räuchermännchen gewesen sein. Sie wurden allerdings auch gerne als Bergmänner, als Förster, Schmied, Händler oder Schornsteinfeger dargestellt.