Fayencen Fayence Majolika sammeln
Einleitung in das Sammelgebiet
Fayencen als auch Majolika bezeichnen grundsätzlich ein und dasselbe keramische Erzeugnis. Der Name Fayence ist abgeleitet von der italienischen Stadt Faenza; die Bezeichnung Majolika von der spanischen Baleareninsel Mallorca. Fayencen und Majolika – oder korrekter ausgedrückt – technisch gleichartige beziehungsweise ähnliche Tonwarenprodukte kennt man bereits aus dem alten Ägypten, – und dies bereits etwa 4000 Jahre vor Christi Geburt. Diese Tatsache zeigt uns wieder einmal auf, dass die Wiegen der Kultur nicht nur in Mitteleuropa oder im fernen Osten wie z. B. China standen; besonders frühe Erzeugnisse aus dem Bereich der großen Ströme Nil, Euphrat und Tigris sind immer wieder ein Beweis für die einzigartige kulturelle Geschichte des Nahen Ostens.
Verbreitung der Fayence und Majolika in Europa
In Europa wurden die keramischen Produkte, die wir heute als Fayencen bezeichnen, durch die Eroberung Spaniens durch die verschiedenen arabischen Stämme verbreitet. Die alten Ägypter arbeiteten bereits mit Bleiglasuren; die später von Spanien ausgehende Lüstertechnik, – Glasuren auf der Basis von verschiedenen Metallverbindungen-, waren im Bereich des Nahen Osten und Persiens ebenfalls schon lange vor der Besetzung Spaniens bekannt. Besetzt war Spanien zwar bereits seit Beginn des 8. Jahrhunderts, aber es waren wohl die Mauren um das Jahr 1300 aus Nordafrika, die letztendlich diese keramische Innovation einführten. Insbesondere von den Mauren ging eine große künstlerische und philosophische Inspiration aus! Wir erinnern an dieser Stelle an den großartigen maurischen Baustil, der noch heute viele Städte Andalusiens prägt.
Über die spanische Baleareninsel Mallorca gelangten die Majolika-Kunst beziehungsweise die Lüsterfayencen im 15. Jahrhundert schließlich nach Italien. Der abgeleitete Name Majolika hat übrigens wenig damit zu tun, dass Mallorca nun ein besonders bedeutender Töpferort gewesen wäre. Die Bezeichnung leitet sich ausschließlich von Mallorca als damals bedeutender Handelsplatz ab. Von hier aus wurden die Waren nach Italien verfrachtet. Zeitnah um das Jahr 1500 entwickelte sich die Stadt Faenza in der Emilia-Romagna und sein Umland zum Keramik-Zentrum in Italien. Später wurde die Bezeichnung „Fayence“ von Faenza abgeleitet.
Zu dieser Zeit kannte man in Europa lediglich einfache Tonwaren und das hochgebrannte Steinzeug. Porzellan war zwar aus China bekannt, aber Böttger sollte es in Europa erst 200 Jahre später erfinden. Marco Polo hatte von seinen Reisen nach China das edle Porzellan um 1300 nach Europa gebracht. Seitdem galt es hier als etwas ganz Besonderes, etwas Erstrebenswertes, das man natürlich in seinem Besitz haben wollte. So war man froh, mit der Fayence ein porzellanähnliches Produkt anbieten zu können. Über Italien gelangte die Technik der Herstellung von Fayencen und Majolika über Frankreich nach Holland. Holland sollte in Folge, gerade in seiner damaligen Funktion als Seefahrermacht, eine herausragende Rolle bezüglich der Verbreitung der Fayencen einnehmen. Auf dem Seeweg kamen durch die niederländische Ostindische Handelskompanie, die von den vielen damals existierenden Ostindischen Handelskompanien anderer europäischer Länder sich das Monopol auf die Einfuhr des chinesischen Porzellans erkämpft hatte, Porzellan in großem Stil nach Europa, zunächst allerdings nach Holland. Diesem Umstand war überhaupt erst der Aufschwung der Delfter Keramik-Hersteller in Holland zu verdanken. Waren hier zunächst die ursprünglichen Lüsterfayencen Ziel der Nachahmung, so war es jetzt das China-Porzellan. Ab etwa 1580 produzierte man in Delft Fayencen angelehnt an die typischen blauen China-Dekore. Natürlich nannten sich die Delfter, wie auch später viele der ca. 300 Fayence-Manufakturen in Europa „Porzellan-Hersteller“ oder man sprach nach der damaligen europäischen Modesprache Französisch von „porcelaine“ bzw. „porceleyne“.
Ausbreitung nach Deutschland
Die Delfter expandierten nach Deutschland, wo eine große Marktnachfrage bestand. Die ersten Fayencemanufakturen in Deutschland wurden von ihnen und anderen Holländern gegründet, wobei sich zunächst ein Schwerpunkt in Hessen bildete. Die ersten Fabriken standen bald in Hanau im Jahre 1661, in Heusenstamm bei Frankfurt bereits ein Jahr später in 1662, in Frankfurt selbst im Jahre 1666 und in Nordhessen in Kassel im Jahre 1680. In Berlin fasste der erste Fayence-Hersteller im Jahre 1678 Fuß. das folgende 18. Jahrhundert wurde zum Jahrhundert der Fayencen.
Technik der Fayence-Herstellung
Nach Formen und Trocknen geschieht der erste Brand, der einen naturfarbenen (rötlich/bräunlich/gelblich) Scherben ergibt. Die Brenntemperatur variierte wahrscheinlich zwischen 900 und 1200 ° C. Der Scherben wurde anschließend nach Erkalten in ein Glasurbad getaucht. Das Glasurbad bestand aus Wasser, Zinnoxid, Sand, Blei und Pottasche. Diese Zinnoxidglasur ergab nach dem Trocknen einen zumeist weißen Untergrund, auf welchem anschließend mit sogenannten Scharffeuerfarben aufgemalt wurde. Scharffeuerfarben sind sogenannte Inglasurfarben, die während des Glasurbrandes, also des 2. Brandes, der bei 900 ° C ausgeführt wurde, mit der Glasur verschmolzen. Scharffeuerfarben besitzen ein Spektrum von nur wenigen Farben, welche scharfem Feuer, also hohen Temperaturen, standhalten können. Zu diesen gehören Kobaltblau, Manganviolett, Ockergelb, Antimongelb, Chromoxidgrün, Manganrot, Kupferoxidgrün, Eisenorange und Schwarz. Das Verschmelzen mit der Glasur hatte den Vorteil, dass die Farben später beim Gebrauch nicht abgerieben werden konnten, also keiner Abnutzung unterlagen.
Auf dem Bild rechts ist eine sehr schöne französische Fayence aus der Manufaktur Rouen zu sehen. Mit Behangmusters, um 1800
Alle anderen Farben konnten anschließend nach Erkalten des Glasurbrandes aufgebracht werden und in einem 3. Brand auf der Glasur haftbar gemacht werden. Dieser 3. Brand wurde bei relativ niedrigen Temperaturen zwischen 600 und 800 ° C durchgeführt. Im Fachjargon nennt man Farben für diesen eher vorsichtigen Brand Muffelfarben, Überglasurfarben oder Emailfarben. Sie umfassen die gesamte Farbpalette. Die Farben wurden so hergestellt, dass das Trägermaterial, welches aus gemahlenem Glas bestand, mit dem jeweiligen farbigen Metalloxid angereichert wurde. Gebrannt wurde in sogenannten Muffelöfen, daher der Name Muffelfarben! Muffeln sind Seitennischen oder Seitenkammern in Öfen, welche nicht dem direkten Brand ausgesetzt sind. Im Gegensatz zu den Inglasurfarben sind die Muffel- oder Überglasurfarben der täglichen Abnutzung unterworfen.
siehe auch Keramik, Irdenware, Terrakotta, Steingut, Wedgwood, Wächtersbacher Steingut, Steinzeug, Jasperware, Hafnerkeramik, Westerwälder Steinzeug, Porzellan, Literatur Keramik
November 1st, 2009 at 2:14
Dann muss ich Ihnen ein dickes Extra-Lob für diese reichhaltige Informationsquelle aussprechen.
Solch ausführliche und gute Inhalte sind für alle Besucher interessant und haben echten Mehrwert.
Danke und liebe Grüße aus Dresden
Ihre Keramikerin Sigrid Hilpert-Artes
Eine große Fotogalerie von meinen Fayencen findet man auf meiner Webseite:
http://www.arteskeramik.de/galerie/fayence-keramik.html
August 11th, 2009 at 8:50
Danke für dieses Statement. Es ist alles selbst recherchiert; dies hat ganz einfach mit der langen Beschäftigung mit diesen Dingen zu tun, angefangen über meine ersten Flohmärkte Anfang der 70er Jahre, meinem Studium der Kunstgeschichte (im Nebenfach), sowie langer Mitarbeit in einem Antiquitätengeschäft. Ich versuche, wenn mir Zeit gegeben ist, auch meine damalige und aktuelle Literatur, die den Berichten zugrunde liegt, in der jeweiligen Kategorie „Literatur für Sammler“ anzuführen.
August 5th, 2009 at 16:55
Das war der ausführlichste Bericht den ich im Internet über Fayencen finden konnte. Sicher nicht alles selber recherchiert 😉 ..dafür aber sehr angenehm präsentiert.
Danke
Sigrid