Sammelgebiet Miniaturen, Miniaturmalerei
Was ist Miniaturmalerei? Was sind Miniaturen?
Um mich dem Sammelgebiet der Miniaturen anzunähern, war mir insbesondere die Abhandlung des deutschen Kulturhistorikers Max von Boehn (1860 – 1932) über „Miniaturen und Silhouetten. Ein Kapitel aus Kulturgeschichte und Kunst“, erschienen im Jahre 1917 bei Bruckmann in München, eine wichtige Hilfe.
Der Begriff leitet sich von den Miniatoren ab; ein Miniator war ursprünglich der Künstler, welcher im Mittelalter die Anfangsbuchstaben, die Großbuchstaben, die Anfänge von Sätzen und Abschnitten in handschriftlichen Texten und Büchern verzierte oder ausmalte. Zunächst zeichnete der Miniator die Großbuchstaben lediglich mit roter Farbe ein. Dieses rote Farbpigment war „minium“, also Mennige. Von diesem „minium“ leitete sich die Bezeichnung „Miniator“ für die Buchmaler ab. Da das Schreiben noch wesentlich im Bereich der Klöster geschah, war ein Miniator oftmals ein Mönch. Das Ausmalen der Großbuchstaben wurde später mit Deckfarben getätigt.
Entstehung der Miniaturmalerei – Buchmalerei und Tafelmalerei
Im 15. Jahrhundert entstand aus dem Ausmalen und Verzieren der Groß- und Anfangsbuchstaben die Miniaturmalerei in Deckfarben in Goldhöhung; diese Technik der Höhung gelangte im 15. Jahrhundert auch zu hoher Blüte. Der Miniatur oder Miniaturmalerei standen letztendlich zwei Geburtshelfer zur Seite; es war die Buchmalerei und hier der Buchmaler sowie die Tafelmalerei mit den Tafelmalern. Sie trafen sich aus unterschiedlichen Richtungen. Der Buchmaler, der mit Deckfarben die Buchstaben ausmalte, befreite sich quasi aus der Umklammerung des Gesamttextes, indem er seiner Malerei einen eigenen Rahmen oder Fassung gab, während der Tafelmaler, der von der eher großwandigen Malerei mit Ölfarben den Rahmen, also die Größe seines Werkes immer mehr in Richtung Miniatur verkleinerte und verfeinerte. In der Miniaturmalerei trafen und vereinigten sich die beiden Richtungen der Malerei.
Unter einer Miniatur versteht man ein Gemälde kleinsten Umfangs. Gegenüber der Tafelmalerei sind sie seitdem ein völlig eigenständiges Sammelgebiet. Die für die Miniaturen oftmals typische Portraits wurden von den Tafelmalern eingebracht. Die ersten Portraits, also Abbildern von Menschen, schufen erst die Künstler der Renaissance; in der Miniaturmalerei als Bildnis tauchen sie allerdings erst Mitte des 16. Jahrhunderts auf.
Diese beiden Geburtshelfer Buchmalerei und Tafelmalerei sind in der Technik der Miniaturmalerei des 16. und des 17. Jahrhunderts abzulesen. Viele der Miniaturen aus jener Zeit, vor allem die kleinen Portraits, welche von alten Tafelmalern stammten, sind noch in Ölfarben ausgeführt. Als Untergrund dienten Blättchen aus Schiefer, Silber, Kupfer oder gar Gold. Für die Miniaturmalerei waren Ölfarben allerdings nicht so gut geeignet.
Technische Entwicklung in der Miniaturmalerei – Malerei auf Elfenbein
Die Buchmaler im Gegensatz arbeiteten seit dem 15. Jahrhundert mit Deckfarben oder Aquarellfarben. Diese Deckfarben sind auch als Guasch-Farben, der Franzose bezeichnet sie als „gouache“, bekannt. Diese Gouachefarben sind letztlich auch nichts anderes als Aquarellfarben, also Wasserfarben, wasserlösliche Farben, welche im Gegensatz zu den gebräuchlichen Aquarellfarben, welche eher durchscheinend sind, durch Zusatz von Farbpigmenten einen deckenden Charakter erhalten, ohne ihre Wasserlöslichkeit zu verlieren. Man bezeichnete diese wasserlöslichen Farben auch als Tinten. Die Miniatoren nutzten Pergament oder Karton als Untergrund.
Die erste bekannte Miniaturmalerei auf Elfenbein, welche die Herzogin Dorothea Ursula von Württemberg darstellt, ist zwar schon aus dem Jahr 1577 bekannt, aber so recht kamen die Miniaturen auf Elfenbein erst am Ende des 17. Jahrhunderts auf. Das Elfenbein dominierte alsbald als Unterlage, da es besonders bezüglich der Portraitmalerei den großen Vorteil besaß, dem Teint der dargestellten Person etwas Lebensechtes zu geben. Ein Teint auf Elfenbein erzeugte eine belebende Frische, ließ das Fleischfarbene nahezu natürlich erscheinen. Demgegenüber wirkte das Inkarnat auf Papier oder Pappe etwas kalkig, auf Pergament bekam es einen Gelbton.
Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts vervollkommnete sich die Technik der Miniaturmalerei auf Elfenbein.
Die französischen Miniaturmaler besaßen um 1750 bereits bis zu 18 verschiedene Töne für das Inkarnat, für die fleischfarbene Ausgestaltung des Teints, die Jean Baptiste Jacques Augustin (1759 – 1832) danach auf bis zu 25 Farbnuancen erweiterte. Diese Tinten konnte man zu damaliger Zeit in Paris bereits käuflich erwerben! Die Nutzung der Tinten dominierte natürlich gegenüber dem Malen mit Ölfarben, da man diese vor Benutzung erst umständlich mischen musste.
Die Miniaturmaler benutzten immer mehr interessante Techniken bei der Herstellung ihrer kleinen Kunststücke. So wurden Ölfarben mit Elfenbein kombiniert oder es wurde Zinnfolien über das Elfenbein gelegt, um die schon bestehende Transparenz des Elfenbein noch einmal zu verstärken oder es wurden Techniken der Gravur, der Grafik, angewendet oder die Miniatur gar mit Stickereien versehen.
Miniaturen aus Emaille
Neben den beiden Haupttechniken, der Malerei mit Deckfarben oder Gouachefarben sowie der Malerei mit Ölfarben gesellte sich ab etwa 1550 eine dritte Technik hinzu, – das Erstellen einer Miniatur in Emaille. Nach dem Überwinden vieler Anfangsschwierigkeiten, unter anderem dem Verändern der Farben nach Brennprozess, konnte erst Jean Toutin, der in Chateaudun eine Manufaktur für Uhren führte, ab 1632 die Emailletechnik so vervollkommnen, dass sie der Malerei mit Deckfarben ebenbürtig war. Nachfolger von Jean Toutin wurde sein Sohn Henri Toutin; dessen Lehrling Jean Petitot (1607 – 1691) schließlich entwickelte sich zum größten Meister der Emailleminiatur schlechthin. Arbeiten von ihm sind bei Sammlern sehr begehrt. Mit der Emailletechnik verwandt ist die Erstellung einer Miniatur in Porzellan. Auch diese Technik hatte damit zu kämpfen, dass sich Farben nach dem Brennen veränderten.
Lackmalerei und Porzellanmalerei
Miniaturmalerei auf Porzellandose der Wiener Porzellanmanufaktur, mit Lack überzogen
Da Emaillearbeiten gegenüber den gemalten Varianten den Vorzug besaßen, für immer ihren Glanz zu bewahren, diese Technik aber teuer und aufwändig war, versuchte man, diesen Erfolg der Email mit einer günstigeren Technik zu kopieren. Man trug also Lack, durchsichtigen Firnis, auf die gemalten Miniaturen auf. So erhielt man gleichsam glänzende Miniaturen. In Paris wurden Robert Martin und seine Brüder für diese Technik, die sie auch für Möbel („vernis Martin“) anwendeten, berühmt; in Deutschland erwuchsen Johann Heinrich Stobwasser aus Braunschweig sowie Jakob Bodemer aus Baden zu den führenden Künstlern.
Geringes Ansehen der Miniaturmalerei
Zu ihrer Zeit und noch lange danach genoss die Miniaturmalerei im Rahmen der Kunstwissenschaft ein nur geringes Ansehen. Und dies obwohl der Tatsache, dass viele bildende Künstler ihre Anfänge in der Miniaturmalerei besaßen oder wie im Falle des berühmten Malers Hans Holbein dessen Miniaturen zu seinem Gesamtwerk gehörten.
Erst am Ende des Klassizismus erkannte man den Wert der Kunst des 18. Jahrhunderts und von England ausgehend gelangten die Miniaturen, die Portaitmalerei und Miniaturmalerei in den Fokus von Experten und Sammlern. Ernst Lemberger schließlich war es, der mit seinem Werk „Die Bildnisminiatur in Deutschland 1550 – 1850“ diesem Teil der bildenden Kunst zum Durchbruch verhalf. Heinrich Friedrich Füger, zuvor noch oft belächelt und abgetan, profitierte endlich von dieser Aufarbeitung und steigenden Wertschätzung und gilt heute als größter deutscher Miniaturmaler.
Stilwandel in Portrait- Miniaturmalerei
Wie in allen Bereichen der Kunst, aber auch der Mode, der Grafik oder auch bei ganz gewöhnlichen Gebrauchsgegenständen, gibt nicht nur das Design, sondern auch die Malweise und Motivwahl den Trend der Zeit wieder, ist Spiegel von Zeit-, Kultur- und Sozialgeschichte. Und die Mode und das Ideal der Zeit spielte eine große Rolle. Viele der Miniaturen, gerade der Miniaturportraits, sind und sollen ja sehr persönlich gehalten werden. Die meisten der Dargestellten entstammten den höheren Ständen. Wie wollten sie dargestellt werden. Das 16. Jahrhundert zeigt uns sehr wirklichkeitsgetreue Portraits. Nur bleibt diese Realität ohne Gefühl, Boehn nennt es in seiner Abhandlung Anmut, und dadurch gerieten die Darstellungen herb, ja fast kühl. Exaktheit und Wirklichkeitstreue ging vor Gefühl! Wie anders im 17. Jahrhundert, zur Zeit der großen Höfe. Die Bildnisse mutierten zu einer Idealvorstellung, die jeweilige Modetrend der Zeit führte das Malwerkzeug des Künstlers. Boehn sagt, dass es nahezu unmöglich sei, aus der Zeit Ludwigs des Vierzehnten ein Damenportrait zu finden, aus welchem man schließen könnte, welche Kleidung die Dargestellte in Wirklichkeit trug. Selbst die Frisuren unterlagen einem Ideal. Ich erinnere an dieser Stelle an die Funktion der Allonge-Perücken bei den Herren zu Hofe; sie sollten die Macht eines Löwen symbolisieren. Und die Damen hatten ihre eigenen Perücken, ihre einzwängenden Miederkostüme, die Betonung der Taille und so weiter. Solche Symbole wurden idealisiert auf den Miniaturen weitergegeben, auch wenn die Dame zur Zeit der Erstellung des Bildnisses etwas ganz Anderes trug! Die dargestellte Kleidung entsprach ausschließlich einem Ideal, welches wohl der Antike entnommen wurde. Im 18. Jahrhundert verschwanden auch die charakteristischen Gesichtszüge. Auch das Gesicht bezogene Aussehen der Dargestellten glich sich europaweit an; Vorbild war der französische Hof. Wer die Damen des Rokoko miteinander vergleicht, wird im Aussehen kaum noch Unterschiede festmachen können. Das war in der Realität schon schwierig, da die Gesichtszüge allesamt mit schwerer Paste zugekleistert und die so geglätteten Gesichtszüge durch weißes Puder regelrecht angeglichen wurden. Unterscheidungsmerkmal waren manchmal, vielleicht übertreibe ich jetzt, nur noch die aufgemalten Leberflecke im Gesicht der Rokokofrau. Diese sollten die Frau beim Rendevous interessant machen! Die Idealisierung fast aller Äußerlichkeiten hatte laut Boehn zur Folge, dass „die Bildnisse, je länger wir der Miniaturkunst folgen, einander immer ähnlicher werden. In einer größeren Reihe von Miniaturen, etwa aus der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts, sind die einzelnen kaum voneinander zu unterscheiden, der gleiche Blick, das gleiche Lächeln, dieselben Rosenwangen und Purpurlippen machen es fast unmöglich, charakteristische Züge zu entdecken. Darin sind sich die großen Meister dieses Zeitraums auch ganz gleich, Engländer wie Franzosen huldigen den gleichen Vorurteilen, beziehungsweise müssen sie sich den gleichen Ansprüchen ihrer Auftraggeberinnen unterwerfen … Dieser Umstand macht auch das Bestimmen der Miniaturen dieser Epoche so schwer…“
(Max von Boehn: „Miniaturen und Silhouetten. Ein Kapitel aus Kulturgeschichte und Kunst“)
Weitere Verwendung der Miniaturen
Die Miniaturen wurden nicht nur für die kleinen Portraits verwendet. Sie eroberten bald alle Bereiche. Gerne wurden sie auf Gläsern, Schmuck oder in Verbindung mit Edelsteinen benutzt. Gerade beim Schmuck fand die Phantasie keine Grenzen. Wer Geld besaß, ließ sich ganze Kolliers oder Ketten aus Miniaturbildnissen anfertigen. Miniaturen schmückten Ringe, Broschen und Medaillons. Mit ihnen wurden Knöpfe verziert, in Verbindung mit Intarsien bei Möbeln, auf Uhren, auf Fächern und in Büchern wurden sie angebracht. Selbst große Porzellanmanufakturen wie Meißen wandten die Miniaturmalerei auf Porzellan an.
Ein weites Feld und eigentlich schon ein eigenes Sammelgebiet sind die mit Miniaturen verzierten Dosen aller Art, seien es solche aus dem weiten Bereich der Kosmetik bei den Frauen oder den berühmten Schnupftabakdosen bei den Herren. Im 18. Jahrhundert, als sie noch französisch stilecht als „tabatiere“ bezeichnet wurde, war die Schnupftabakdose ein beliebtes Requisit zur Aufbringung von Miniaturen, welche berühmte Personen zeigten, Szenen aus Krieg und Alltagsleben oder ganz einfach das Bildnis des Schenkenden. Die Tabakdosen bestanden oftmals aus wertvollen Materialien oder waren mit solchen ausgestattet. Die Edelmetalle Gold und Silber, Edelsteine, Schildpatt, Email, Intarsien, Elfenbein, Horn, Bernstein oder Korpus Gagat wurden bei der Herstellung verwendet. Die mit Miniaturen verzierten Dosen erlangten so große Beliebtheit, dass sie ab der Gründerzeit in größeren Mengen in den aufkommenden Fabriken hergestellt wurden. So wurden sie auch für das breite Publikum erschwinglich. Friedrich der Große, der Alte Fritz, wurde zu einem Lieblingsmotiv des Kaiserreiches, als Einzelbildnis als auch in verschiedenen idealisierten Lebens- und Kriegssituationen.
Dosen mit Miniaturen sind bei Sammlern sehr begehrt, insbesondere die aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Sie sind allerdings kaum noch unter vierstelligen Beträgen zu bekommen.
Juli 10th, 2016 at 19:45
WIe sieht es mit den Miniatürbleistiftzeichnungen?
GIbt es Sammler, die die BLeistiftminiatüren sammeln?
WAs für Grundierung soll es auf Aharscheiben sein, bevor sie mit Acrylfarbe ausgemalt wird?